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Christian Rösch

Foto: Mercedes GLE Coupé

Stell Dir vor, Du stehst nachts in Stuttgart, Stativ aufgebaut, Kamera aufgesetzt und einsatzbereit, ein Erlkönig fährt vor, kein anderes Auto zu sehen und die Kamera ist ausgerichtet - ein perfektes Bild. Aber warum zeige ich Dir stattdessen dieses Bild hier?

Eines abends 2015 war mein Körper voller Energie, die ich nicht im Schlaf verschwenden wollte. Die Alternative war mir schnell klar: ich packte meine Kamera, Stativ und Taschenlampe und fuhr los. Es gab ein paar Ecken in der Stadt, die ich mal bei Nacht fotografieren wollte.. nun war die Zeit gekommen.

Einer der Orte war der Schwanentunnel. Täglich musste ich mich Meter für Meter im Berufsverkehr durch dieses Steinmonster quälen. Ekelhaft. Aber nachts beeindruckt er mich - vielleicht weil er so frei und leer ist.

Das Auto nicht verkehrswidrig abzustellen (dachte ich mir) wäre das Komplizierteste daran die gewünschten Fotos festzuhalten. Stimmt auch teilweise: Stativ aufbauen, Kamera drauf, Ausschnitt wählen, die Blende nach Vorliebe einstellen und die passende Belichtungszeit wählen. Mit Lichtspuren von Autos ist es einfach, ohne Lichtspuren etwas schwieriger, weil doch recht häufig mindestens ein Auto im Tunnel fährt.

Ich stehe vor dem Tunnel, mache ein paar Fotos mit kurzer Belichtungszeit. Mit Auto, check. Ohne Auto bedarf es etwas Geduld, da die Autos in so ungünstigen Abständen kommen, dass es unmöglich scheint den Tunnel ohne Autos zu fotografieren. Nach mehreren erfolglosen Versuchen passt es, check. Nun zu den Lichtspuren - nachts muss man Lichtspuren-Fotos machen. Ich erhöhe die Belichtungszeit drastig und warte bis mehrere Autos aus beiden Richtungen kommen und drücke ab.

Zu meiner Überraschung ist eines der Autos ein Erlkönig. Seit ich in Stuttgart wohnte wollte ich einmal einen Erlkönig fotografieren - vermutlich weil das exklusiv ist. Nun ist es Nacht, perfekt - das ist noch exklusiver. Der Erlkönig hält direkt vor mir auf dem Linksabbieger, eine Einladung. Allein ein Umstand verhindert dieses Foto; es bleibt weiter ein Gedanke: die Kamera und ich sind zu langsam.

Meine Kamera musste damals (vor einem Firmwareupdate) teilweise minutenlang das Bild berechnen, währenddessen sie natürlich nicht brauchbar war. Ob die Kamera gerade belichtete oder berechnete weiß ich heute nicht mehr, aber auf jeden Fall fuhr der Erlkönig unfotografiert weiter. Schade!

Meine Stimmung vertrübte ziemlich, als sich wenige Minuten später im Prinzip die selbe Situation wiederholte. Pech gehabt!

Nun, warum dann dieser Mercedes? Getrübt aber motiviert, dass ich an dem Abend sicher keinen dritten Erlkönig verpassen wollte, stellte ich die Kamera um: ISO hoch, Belichtungszeit runter. Es hätte nun alles passieren können und ich hätte das fotografiert. Es kam kein Erlkönig mehr. Aber ein Auto fand ich merkwürdig und fotografierte es: der hier gezeigte Mercedes.

Zu Hause bestätigte sich meine Vermutung, das war sowas wie aber eben kein echter Erlkönig. Egal, der fotografierte Wagen scheint ein Mercedes GLE Coupé zu sein; sechs Monate vor Markteinführung hatte ich ein Foto von ihm. Ein kleiner Trost!

Bis heute frage ich mich, ob der zu den zwei Erlkönigen gehörte, ob ich das Model richtig recherchiert habe und warum dieses Auto dann an dem Abend dort vorbei fuhr. Ich bin sehr gespannt, ob mir irgendwann irgendwer diese Fragen beantwortet.